Früher in der Schule haben alle Schüler das Wissen vom Lehrer vermittelt bekommen. Die Rolle des Lehrers war es, den Kindern den Stoff Schritt für Schritt nahezubringen und dafür zu sorgen, dass sie ihn verstehen. In Klassenarbeiten wurde das neu erlernte Wissen anschließend abgeprüft.
Heute im Job funktioniert das mit dem Wissenserwerb etwas anders. Daher sollte jede und jeder Berufstätige die Skills haben, sich selbstbestimmt neue Inhalte beizubringen.
Ich stelle hier ein Modell vor, wie modernes Lernen 2020 gut funktioniert:
1. Sich selbst Fragen zum Thema stellen
Im ersten Schritt geht es darum, dass ich mich selbst mit dem Thema auseinandersetze, indem ich mir Fragen dazu überlege. Beispielsweise soll ich lernen, meinen Kollegen konstruktiv Feedback zu geben, um die Teamkultur zu stärken und die Zusammenarbeit effizienter zu gestalten. Dazu kann ich mir z. B. folgende Fragen stellen:
- Wie funktioniert konstruktives Feedback?
- Was bringt mir konstruktives Feedback?
- Wo bekomme ich gutes Lernmaterial dazu?
2. Informationen beschaffen
Jetzt gilt es gute Lernquellen bzw. -medien zu finden. Abhängig von individuellen Neigungen und Gewohnheiten ist es für den einen ein Buch, für andere ein Podcast. Die jüngeren eignen sich Lernstoff heutzutage oft über ein gutes Youtube-Video zu diesem Thema an. Manchmal schadet es auch nicht, verschiedene Medien, d.h. einen Medien-Mix zu nutzen, um sich das Thema gut anzueignen.
3. Informationen analysieren, strukturieren und bewerten
Es reicht nicht, wenn Sie die Lernmedien passiv konsumieren, d.h. nur ein Buch zu lesen, einen Podcast zu hören oder ein Video zu schauen. Wichtiger ist es, sich mit dem Gelernten aktiv auseinanderzusetzen. Das bedeutet, dass Sie wichtige Informationen mitschreiben, Gelesenes zusammenfassen und selbst überlegen, wie sich das Gelernte konkret im Berufsalltag umsetzen lässt.
4. Thema bearbeiten und ausprobieren
Die Feuertaufe findet dann in der Praxis statt, wenn Sie z.B. Ihr erstes konstruktives Feedback einem Kollegen geben. Sie haben z.B. im Buch gelernt, dass Sie zuerst etwas Positives zum Kollegen sagen, um eine gute Gesprächsatmosphäre aufzubauen. Dann beschreiben Sie neutral und sachlich, was Sie stört. Meist ist es ein Verhalten der Kollegen oder eine Äußerung, die jemand gemacht hat und Sie maßlos ärgert. Hier sollten Sie den Vorfall so konkret wie möglich schildern. Die Kunst besteht darin, dabei im Tonfall neutral und sachlich zu bleiben und nicht anklagend oder wütend zu werden. Anschließend erklären Sie, welche Emotionen das in Ihnen weckt (z.B. Ärger oder Enttäuschung) und welche Ihrer Werte (z.B. Wertschätzung, Toleranz) dadurch verletzt sind. Dann sagen Sie abschließend, wie Sie sich die künftige Zusammenarbeit vorstellen bzw. welches Verhalten Sie sich von Ihrem Kollegen wünschen.
5. Die ersten Schritte reflektieren
Auch durch Reflektieren, d.h. sich bewusst machen, was da wie im ersten Versuch gelaufen ist, können Sie neue und gute Einsichten zum Thema gewinnen. Dadurch können Sie aus diesem ersten Versuch noch einiges lernen. Somit haben Sie die Chance, es das nächste Mal nochmal anders oder besser machen. Wenn Sie z. B. beim ersten Versuch Ihre emotionale Verfassung noch nicht so gut erklären konnten, können Sie es das nächste Mal dann schon besser.
6. Erfahrungen mit anderen teilen
Heutzutage werden so viele Gedanken, Erfahrungen und Ereignisse über soziale Netze geteilt. Dieses Phänomen macht auch vor dem Lernprozess keinen Stopp. Wenn es ein Bedürfnis für Sie ist, dann teilen Sie Ihre Lernerfahrungen auch mit engen Kollegen und geben Ihre Erfahrungen an diese weiter. Ein Prinzip in der Pädagogik ist soziales Lernen, d.h. Lernen von den Erfahrungen unserer Mitmenschen. In diesem Fall gehen Sie mutig voraus, probieren etwas Neues aus und teilen Ihre gemachten Erfahrungen dann mit nahestehenden Kollegen. Durch deren Erfahrungen mit dem Thema und durch die intensive Auseinandersetzung in der Gruppe ist nochmals ein Lernfortschritt möglich.
7. Netzwerk erweitern
Wenn Sie das wünschen, können Sie beim Lernprozess auch gleichzeitig Ihr Netzwerk erweitern. Durch organisiertes Lernen in Kleingruppen (Stichwort: Working out loud, Quelle: https://www.amazon.de/Working-Out-Loud-better-career/dp/0692382399 lernen Sie selbst ein neues Thema und gleichzeitig auch noch weiteres Wissen, da die anderen Teilnehmer der Kleingruppe sich auch jeweils ein eigenes Thema aneignen. Einmal wöchentlich gibt es ein Treffen (online oder in Präsenz), bei dem sich die Teilnehmer zum Lernfortschritt austauschen. Dies folgt klaren Regeln, wie sie in dem o.g. Buch vermittelt werden. Hier gibt es einen doppelt positiven Effekt: Sie lernen dazu und erweitern gleichzeitig Ihr berufliches Netzwerk. Dieser siebte und letzte Schritt ist nicht zwingend erforderlich, um sich neues Wissen anzueignen.
So geht heute also in sechs bzw. sieben Schritten modernes Lernen 2020! Ich bin gespannt, welche Erfahrungen Sie damit machen und mit welchen Themen Sie sich auseinandersetzen dürfen, da es in Ihrem Unternehmen plötzlich ein Thema ist. Teilen Sie mir doch Ihre Erfahrungen, egal ob gute oder weniger gute, unten im Kommentarfeld mit. Oder schreiben Sie mir direkt über mein Kontaktformular. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!